Meromorphe Funktionen
Als Erkennnungszeichen für den Tag der Mathematik haben wir in diesem Jahr die Farbkodierung einer meromorphen Funktion gewählt. Konstantin Poelke und Konrad Polthier erklären im Folgenden, was es damit auf sich hat.
Meromorphe Funktionen bilden komplexe Zahlen auf komplexe Zahlen und auf Unendlich ab, sie gehen also von der Gauß’schen Zahlenebene C in die Riemann‘sche Zahlenkugel C^=C+00. Meromorphe Funktionen gehören zur Funktionentheorie, einem Teilgebiet der Analysis. Viele bekannte Funktionen sind meromorph, zum Beispiel die Weierstraß’sche P-Funktion, und sie finden vielfache Anwendungen, so zur mathematischen Beschreibung von Seifenhäuten bzw. Minimalflächen.
Im Bild ist die Funktion f(z) = (z-1)(z+1)^2 / ((z+i)(z-i)^2) dargestellt. Der Graph dieser Funktion lebt im 4-dimensionalen Raum, der nicht ohne weiteres dargestellt werden kann. In der Technik der Gebietseinfärbung bzw. des „domain coloring“ wird jedem Funktionswert f(z) ein Farbwert zugeordnet und damit das Argument z in der Zahlenebene eingefärbt. Wir erkennen die schwarz eingefärbten Nullstellen von f bei z=1 und bei z=-1. Die Polstellen mit f(z)=oo liegen weiß eingefärbt bei z=i und bei z=-i. Mit etwas Übung lassen sich viele weitere Eigenschaften der Funktion ablesen, so die Ordnung zwei der Nullstelle z=-1 und der Polstelle z=i, da in deren Umgebung der Farbkreis zweifach durchlaufen wird.
Die Einfärbung des Definitionsbereichs von Funktionen gemäß der Funktionswerte wird vielfältig verwendet, so wird zum Beispiel die Temperaturfunktion auf einer Landkarte mit der Farbe rot für hohe und blau für niedrige Temperaturen dargestellt. Für komplexe Funktionen ist der Bildbereich 2-dimensional und es wird ein 2-dimensionaler Farbbereich erforderlich. In den späten 1980er Jahren hat Hans Lundmark hiermit viele komplexe Funktionen erstmals umfassend darstellen können. Erweiterungen und Übertragung der Darstellungstechnik auf Riemann’sche Flächen wurden an der FU-Berlin entwickelt.
Mehr Informationen im Buchauszug.
Bild und Text: Konstantin Poelke und Konrad Polthier
Mit freundlicher Genehmigung aus dem Buch:
Georg Glaeser und Konrad Polthier
Bilder der Mathematik
SpringerSpektrum 2. erw. Auflage 2014
www.bilder-der-mathematik.de